Hier geht es um die Hauptflächenträgheitsmomente, nicht um Massenträgheitsmomente. Mathematisch gesehen sind zwar Flächenträgheitsmomente und Massenträgheitsmomente sehr ähnlich. Im Rahmen der Festigkeitslehre beschäftigen wir uns aber hier mit den Flächenträgheitsmomenten.
Die axialen Flächenträgheitsmomente \(I_{yy}\) und \(I_{zz}\) sowie das Deviationsmoment \(I_{yz}\) sind zunächst erst einmal auch ein beliebiges Koordinatensystem (y, z) bezogen.
Das Koordinatensystem kann man nun beliebig um den Schwerpunkt drehen. Es ändern sich durch die Drehung alle drei Flächenträgheitsmomente. Es gibt aber genau eine bestimmte Stellung, bei der \(I_{yy}\) maximal, \(I_{yy}\) minimal wird sowie das Deviationsmoment \(I_{yz}\) verschwindet. Damit sind die Hauptträgeitsmomente gefunden.
Betrachten wird das jetzt mal ein wenig mathematischer. Die axialen Flächenträgheitsmomente und das Deviationsmomenten kann als Trägheitstensor geschrieben werden:
\(\tilde{I}=
\begin{bmatrix}
I_{yy} & I_{yz}\\
I_{yz} & I_{zz} \\
\end{bmatrix}
\)
Wenn man nun das Achsensystem so drehen möchte, dass das Deviationsmoment verschwindet und nur noch die beiden Werte auf der Hauptdiagonale vorhanden sind, dann ist ein Eigenwertproblem zu lösen.
\(det \left( \tilde{I} – I E \right) = 0\)Einheitsmatrix:
\(
E=
\begin{bmatrix}
1 & 0\\
0 & 1
\end{bmatrix}
\)
Einsetzen in die Formel für Eigenwertberechnung:
\(
det \left(
\begin{bmatrix}
I_{yy} & I_{yz}\\
I_{yz} & I_{zz}
\end{bmatrix}
– I
\begin{bmatrix}
1 & 0\\
0 & 1
\end{bmatrix}
\right) = 0\)
det \left(
\begin{bmatrix}
I_{yy} & I_{yz}\\
I_{yz} & I_{zz}
\end{bmatrix}
–
\begin{bmatrix}
I & 0\\
0 & I
\end{bmatrix}
\right) = 0\) \(
det
\begin{bmatrix}
I_{yy} – I & I_{yz}\\
I_{yz} & I_{zz} – I
\end{bmatrix}
= 0\)
Die Determinante wird expandiert:
\(\left( I_{yy} – I \right) \left( I_{zz} – I \right) – I_{yz}^2 =0\)
Es entsteht eine quadratische Gleichung.
\(I_{yy} I_{zz} – I_{yy} I – I_{zz} I + I^2 – I_{yz}^2 =0\)
Diese wird in die Normalform überführt:
\(I^2 – \left( I_{yy} + I_{zz} \right) I + I_{yy} I_{zz} – I_{yz}^2 =0\)
Die Nullstellen der quadratischen Funktion sind die Haupttägheitsmomente. Die Nullstellen werden mit der p-q-Formel berechnet:
\(I_{1,2}= – \frac{p}{2} \pm \sqrt{\left( \frac{p}{2} \right)^2 – q}\)
Einsetzen in die p-q-Formel:
\(I_{1,2}= \frac{1}{2} \left( I_{yy} + I_{zz} \right) \pm \sqrt{ \frac{1}{4} \left( I_{yy} + I_{zz} \right)^2 – I_{yy} I_{zz} – I_{yz}^2}\)
Die Klammer unter der Wurzel wird entsprechend der 1. Binomischen Formel aufgelöst:
\(I_{1,2}= \frac{1}{2} \left( I_{yy} + I_{zz} \right) \pm \sqrt{ \frac{1}{4} \left( I_{yy}^2 + 2 I_{yy} I_{zz} + I_{zz}^2 \right) – I_{yy} I_{zz} – I_{yz}^2}\)
Die ersten drei Summanden unter der Wurzel werden entsprechend der 2. Binomischen Formel zusammengefasst:
\(I_{1,2}= \frac{1}{2} \left( I_{yy} + I_{zz} \right) \pm \frac{1}{2} \sqrt{ \left( I_{yy} – I_{zz}\right)^2 + 4 I_{yz}^2 }\)
\(I_{1}\) ist immer das größere Flächenträgheitsmoment, also das Trägheitsmoment für die Biegung um die „starke“ Achse.
Mathematisch ist hier genau das gleiche Problem wie bei der Berechnung der Hauptspannungen zu lösen.